NUMMER 8

Wenn sie sich bewegt, tut sie dies auf den Zehenspitzen, aber in einem schnellen Tempo. Sie hat es eilig. Sie wiederholt es mechanisch, auf der Straße, wenn sie angehalten wird, gegenüber ihrer Mutter am Telefon, gegenüber dem Taxifahrer, der sie zu einem Geschäftstermin bringt. Sie hat es eilig, obwohl sie tief in ihrem Inneren davon träumt, die Zeit würde stehenbleiben. Sie träumt von Langsamkeit. Sie träumt von ihrer Kindheit, als sie im Gras lag und sich vorstellte, was sich hinter den Wolken verbergen könnte.

Sie hat manchmal das Gefühl, in ihrem Körper würden zwei Personen wohnen. Sie ist so sehr alles und das Gegenteil davon. Sie erinnert sich an das Lied von Goldman, das ihre Mutter auf der kurvenreichen Fahrt in den Urlaub im Auto bei offenen Fenstern immer wieder hörte. Sie ist diese starke und zugleich zerbrechliche Person.

Sie spricht in einem Atemzug und atmet leise. Sie streift, was immer sie berührt streift sie. Sie ist ein Flüstern im Ohr, ein Schauer, der die Wirbelsäule entlang läuft. Sie ist ein Gefühl, lange bevor sie eine Präsenz ist, und das ist es, was dafür sorgt, dass man sie nicht nur bemerkt, sondern auch nicht vergisst.

Als sie vom Markt zurückkam, stellte sie einen Kamillenstrauß in eine Vase. Sie zog die Stiele vorsichtig auseinander, um ihnen Raum zu geben, die Blumen aufzulockern und ihr schönes, gewölbtes Herz zu betonen. Die Farbe Gelb hat ihr schon immer gefallen. Ihre Sanftheit und ihre Kraft. Wieder diese Ambivalenz. Plötzlich denkt sie an eine Pflanze aus Südafrika, die sie auf einer Reise am Ende ihres Studiums entdeckt hat: Honeybush. Eine Wildblume, die wie ein Honigball aussieht.

Sie mag runde Dinge und Kurven. Sie liebt hügelige Landschaften und Wellen, die über den Sand rollen. Sie liebt die Zahl 8, den Biss in einen saftigen Apfel und wenn ihre Tochter mit ihrem kleinen Mund, der ein „o“ bildet, „oh la la“ ruft.

Sie denkt darüber nach, während sie an der Ecke des Tischs aus unbehandeltem Holz sitzt, der vor dem Fenster ihres Apartments steht. Sie legt ihre Hände um eine Steinguttasse, die sie von ihrer Großmutter geerbt hat, und sieht zu, wie der Dampf aus ihrem Tee aufsteigt. Sie sieht zu, wie er mit dem Lichtstrahl, der durch die Scheibe fällt, tanzt und verschmilzt. Die Sonne wärmt ihr Gesicht, sie schließt die Augen. Bald wird sie die U-Bahn nehmen, Sitzungen abhalten und Akten einreichen müssen. Aber im Moment kitzelt ein Grashalm ihr rechtes Ohr und eine Wolke nimmt die Form einer Schwalbe an. Dann nimmt sie ein letztes Mal einen Schluck aus ihrer Tasse und genießt die süße Mischung, die das Gefühl der Unendlichkeit in ihr weckt.

Sie liebt die Unendlichkeit der Sommerabende und sich vor dem Kamin in eine Decke zu kuscheln.


Über Sophie Astrabie

Sophie Astrabie ist die Autorin von drei Romanen. Ihr neuester, „Les bruits du souvenir, ist gerade bei Flammarion erschienen. Wir bei L’infuseur verfolgen und lieben ihre Geschichten, die vom Leben, verschiedenen Leben, unserem Leben erzählen. Wie sie lieben wir das Skaten und ihre 17 Umzüge beeindrucken uns! Wenn Sie sie noch nicht kennen, laden wir Sie ein, ihre Bücher zu bestellen und ihr auf ihrem Account @sophieastrabie zu folgen.

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